Allgemein

Das vordere Kreuzband zählt zusammen mit dem hinteren Kreuzband, dem Innen– und Außenband und der Gelenkkapsel zu den sogenannten passiven Stabilisatoren des Kniegelenkes.

Eine herausragende Stabilisierungsaufgabe übernimmt das vordere Kreuzband in Beugestellungen des Kniegelenkes.

Reißt dieses vordere Kreuzband im Kniegelenk (akut, chronisch, in mehreren Teilverletzungen) und wird dieses nicht behandelt, so kommt es zur chronischen Instabilität des betroffenen Kniegelenkes (Abbildung 1 – 7).

Die dadurch sich verändernde Gelenkfunktion hat zudem zur Folge, dass weitere passive Stabilisatoren (Kapsel, Menisci) und vor allen der Knorpelüberzug des Gelenkes zusätzlich belastet werden.

Das typische Symptom des Patienten mit einem kreuzband- instabilen Gelenk ist das Wegrutschen bei schnellem Richtungswechsel. Dieses Unsicherheitsgefühl und die verminderte Belastbarkeit kann aber auch bei alltäglichen Belastungen (z.B. beim Treppensteigen) vorkommen.

Diese kleineren und größeren wiederkehrenden Verletzungen haben zur Folge, dass das Kniegelenk weitere Schäden nimmt. Zunächst kommt es im Verlauf zu Verletzungen an den Menisci, deren Verschleiß und Rissbildungen die Instabilität weiter verstärken: Im weiteren Verlauf werden die Gelenkflächen, die aus dem Knorpelüberzug bestehen, über Gebühr fehlbelastet.

Im Langzeitverlauf entsteht ein nicht mehr reparierbarer Frühverschleiß des Gelenkes -> die Kniearthrose.

Daher besteht heute die allgemeine orthopädische Auffassung, Kniegelenke mit frischen und älteren Kreuzbandrissen, die keine oder eine moderate Gelenkarthrose aufweisen, operativ zu stabilisieren.

Bei einer frischen Verletzung erfolgt die Versorgung je nach dem Ausmaß der Begleitverletzungen sofort (innerhalb von 48 Stunden) oder zweizeitig (in zwei Operationsschritten; erst die Versorgung der übrigen Gelenkschäden, im zweiten Schritt Versorgung der Kreuzbandverletzung).

Entscheidend für den Zeitpunkt der Versorgung ist die Ausheilung der begleitenden Bandverletzungen (Innenband, Kapsel) und die Beweglichkeit des Gelenkes, die zur Kreuzbandplastik frei seien sollte. Zudem sollte das Gelenk ohne wesentliche Schwellung sein.

Operative Therapie

Wie für die überwiegende Anzahl der Gelenkschäden am Kniegelenk gilt auch bei dieser Verletzung, dass die operative Therapie arthroskopisch (per Gelenkspiegelung über zwei kleine Einstichkanäle) erfolgt.

Bei den meisten Verletzungen kann man das verletzte Kreuzband nicht nähen. Dies macht die Entnahme von körpereigenen Sehnen notwendig. Nach heutigem Kenntnisstand ist dies der beste Ersatz des gerissenen Kreuzbandes.

Wir bevorzugen die Entnahme der „Semitendinosussehne“ und der „Gracilissehne“. Dies sind zwei circa 20-25 cm lange, dünne Sehnen an der Innenrückseite des Oberschenkels, deren Fehlen normalerweise kein Funktionsdefizit oder Kraftverlust zur Folge hat. Die Sehnen werden über einen 3-5 cm langen Schnitt an der Innenseite des kniegelenksnahen gleichseitigen Unterschenkels entnommen, zur Transplantation vorbereitet und dann vierfach gefaltet. Hierdurch erhält man die richtige Länge und Dicke zum Kreuzbandersatz (Abbildung 8 - 11).

Alternativ kann das mittlere Drittel der Kniescheibensehne benutzt werden.

Das gerissene Kreuzband wird mit motorgetriebenen Instrumenten entfernt. Das neue Kreuzband wird über definierte Bohrkanäle am Unter-/Oberschenkel in das Kniegelenk eingezogen. Die Fixierung des körpereigenen Kreuzbandes erfolgt mit sich im Langzeitverlauf auflösenden (resorbierbaren) Schrauben und Stiften im Knochen (Abbildung 12 – 34).

Bei der Rekonstruktion des Kreuzbandes ist die genaue, sogenannte isometrische, Positionierung des Transplantates von entscheidender Wichtigkeit. Bei Fehlpositionierungen kann eine Bewegungseinschränkung, eine weiter bestehende Instabilität oder ein Riss des Transplantates die Folge sein (Abbildung 35, 36).

Die Bio-Implantate (Bio-Interferenz-Schrauben/Bio-Stifte) sind primär übungsstabil. Dennoch beträgt die biologische, mikroskopische Einheilungszeit des Kreuzbandtransplantates circa 12-16 Monate.

Dieser Umstand sollte vor allen bei der Wiederaufnahme der sportlichen Aktivitäten berücksichtigt werden.

Nachbehandlung

Erste Priorität nach der Operation ist das schnellstmögliche Erreichen der vollen Streckung, sekundär ist natürlich auch die Beugung im Rahmen der Krankengymnastik zu erarbeiten.

Da eine sichere muskuläre Stabilisierung des Kniegelenks in den ersten 2(-3) Wochen noch nicht gegeben ist, sollten die Patienten in den ersten 2(-3) Wochen nach der Operation nur mit ca. 15-20 kg teilbelasten, um dann bei aktiver voller Streckung und einem reizfreien Kniegelenk zügig auf die angestrebte Vollbelastung, ohne das Benutzen von Gehstützen, überzugehen.

Bei reizfreiem Kniegelenk und der erreichten Vollbelastung kann dann sekundär ein ambulantes Muskelaufbauprogramm (AMR/EAP) angeschlossen werden.

Die verordnete Knieorthese ist so eingestellt, dass eine Streckung bei 0 Grad primär möglich ist, die Beugung ist komplett freigegeben.

Die Orthese dient nicht unbedingt der primären Nachsorge. Sie kommt meist erst sekundär, nach dem Abschwellen des Kniegelenkes, zum Einsatz. Sie hat überwiegend einen „Mahneffekt“ sowie einen Schutzeffekt für das ersetzte Kreuzband und soll hierdurch eine unverkrampfte und normale Nutzung des Kniegelenks unterstützen.

Die Orthese ist in den ersten Monaten nach der Operation in der Rehabilitation in Absprache mit dem nachbehandelnden Orthopäden zu benutzen.

Bei neu aufgenommen sportlichen Aktivitäten, circa 9-12 Monate nach der Operation, werden in der Regel dann sogenannte „Soft-Knie-Braces“ benutzt.

Das für Sie notwendige, exakte Nachbehandlungsregime wird mit Ihnen bzw. Ihrem vor-/nachbehandelndem Orthopäden abgesprochen und ist zudem im Arztbrief an den Kollegen festgelegt.

Klinikaufenthalt/Arbeitsfähigkeit/Sportfähigkeit

Der operative Eingriff wird kurzstationär (Aufenthalt 2-4 Tage) durchgeführt.

Zur schnellen Abschwellung des Gelenkes empfehlen wir während der ersten 3-5 Tage das konsequente Hochlagern des operierten Gelenks sowie ein lokale Eis­therapie und die Gabe von abschwellenden Medikamenten.

Patienten mit einer sitzenden beruflichen Tätigkeit können in der Regel nach circa 3-4 Wochen zum Arbeitsplatz zurückkehren. Patienten mit einer körperlichen Arbeit benötigen hierzu circa 6-9 Wochen.

Für Schwimmen (Kraul/Rücken), Radfahren und Walking auf ebenem Untergrund besteht nach circa. 6-9 Wochen Sportfähigkeit.

Sportarten mit schnellen Stoppbewegungen und Richtungswechseln sollten erst bei gutem Muskelstatus nach circa 6-9 Monaten, Kontaktsportarten (Handball, Fußball, etc.) erst nach circa 9-12 Monaten wieder aufgenommen werden.

Bei der zeitlichen Entscheidung hierzu ist sowohl die Muskelfunktion wie auch die Koordination und Reflexschnelligkeit zu berücksichtigen.

Ergebnisse

Die heutige Technik der Kreuzbandplastik liefert gute Ergebnisse in Bezug auf die Stabilität und die Beweglichkeit des operierten Gelenkes.

Dennoch scheint nach derzeitigem Kenntnisstand eine gewisse Arthrose des Gelenkes trotz des Ersetzen des vorderen Kreuzbandes im Langzeitverlauf nicht auszuschließen zu sein.

Operationsrisiken

Die Kreuzbandersatzoperation ist kein gefährlicher Eingriff. Ernste Komplikationen sind sehr selten.

Über die allgemeinen und besonderen Operationsrisiken und über ihre individuelle Prognose hinsichtlich des zu erwartenden Operationsergebnisses unter der Berücksichtigung ihrer individuellen Besonderheiten informieren wir Sie in einem persönlichen Gespräch.

Nachfolgend können Sie die Operationsschritte in den entsprechenden Aufnahmen einer arthroskopischen vorderen Kreuzbandplastik sehen:

OM Flyer

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